Success Story

Tribo-Akustischer Stift – Den Geheimnissen geschmierter Tribosysteme auf der Spur

Zukunftsorientierte Grüne High-Performance Schmierstoffe werden mit einer neuen Klasse physikalischer Sensoren optimiert

Der europäische Green Deal zielt darauf ab, die Treibhausgasemissionen der EU bis 2030 um 55% zu senken. Nach diesen Standards müssen Schmieröle zu mindestens 32,5 % aus erneuerbaren Ressourcen hergestellt werden. Laut Holmberg und Erdemir gehen weltweit etwa 20% der Energie durch Reibung verloren, daher muss ein Gleichgewicht zwischen der Formulierung „grüner“ Schmierstoffe und ihrer Leistung erreicht werden. Die Entwicklung neuartiger Schmierstoffe benötigt in der Industrie hohe Ressourcen, was durch schnell ändernde gesetzliche Rahmenbedingungen noch verschärft wird. Um die Reibungseigenschaften des Schmierstoffs zu optimieren, spielt daher die tribologische Charakteri­sierung eine entscheidende Rolle. Diese Tribotests stellen das Verhalten von Ölen unter Scherung, Belastung und Temperaturen nach, die für reale Maschinenelemente wie Zahnräder oder Lager charakteristisch sind. Da physikalische Tests von Komponenten immer ein kostspieliges Unterfangen sind, sollen Sensoren den Erkenntnisgewinn aus Experimenten maximieren. Zu diesem Zweck hat die Sensorentwicklungsgruppe von AC²2T eine neue Klasse von Online-Sensoren für die Tribometrie entwickelt, den „tribo-akustischen Stift“. Dieser Sensor sieht aus wie ein Standardprüfkörper für tribologische Experimente, ist aber ein komplexes Labor auf einem Chip, das die Ölleistung in Echtzeit und nicht-invasiv misst.

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(Grafik: iStock)

Bei tribologischen Standardtests wird die reale Kontaktsituation eines Maschinenelements durch einen kugelförmigen Körper nachgebildet, der an einem Gegenkörper reibt. Dazwischen befindet sich ein Schmieröl, so dass ein Modell des realen Kontakts entsteht. Ein tribo-akustischer Stift besteht aus einem ähnlichen kugelförmigen Körper der mit Ultraschall­sensoren ausgestattet ist und hochfrequente Ultraschallwellen (Schwingungen bei Frequenzen oberhalb der menschlichen Hörgrenze) verwendet, um die Öleigenschaften im Kontakt in Echtzeit zu messen. Die Ultraschallsensoren sind miniaturisiert, um in den kleinen Körper integriert zu werden. Der Anschluss an die Empfangselektronik erfolgt drahtlos und ist somit für Techniker einfach zu handhaben.

Wirkungen und Effekte

Dieser nicht-invasive Sensor ermöglicht die Über­wachung der Ölfilmdicke im Kontakt während des tribologischen Experiments, die der wichtigste physikalische Leistungsparameter bei geschmierten Kontakten ist. Eine hohe Filmdicke entspricht einer guten Schmierung, während ein dünner Schmierfilm reißen und Verschleiß verursachen kann. Zusätzlich kann aus den Messdaten die Viskosität des Schmiermittels im Kontaktbereich berechnet werden. Auf diese Weise hilft der tribo-akustische Stift bei der Öloptimierung und liefert wertvolle Erkenntnisse über die physikalischen Parameter, die die Leistung des Öls in einem Kontakt beeinflussen.

Links: Arbeitsprinzip des tribo-akustischen Pins mit Ausbreitung der Ultraschallwellen Richtung Tribokontakt; Rechts: Schema des Sensors eingebaut in einem Standard-Probenhalter (Bilder: AC²T)
Links: Arbeitsprinzip des tribo-akustischen Pins mit Ausbreitung der Ultraschallwellen Richtung Tribokontakt; Rechts: Schema des Sensors eingebaut in einem Standard-Probenhalter (Bilder: AC²T)

Validierungstests, die mit dem tribo-akustischen Stift durchgeführt wurden, haben eine hohe Zuverlässig­keit bei der Quantifizierung der Filmdicke und Viskosität gezeigt, wodurch eine Maximierung der in Experimenten gewonnenen Informationen erreicht wird. Bei Tausenden von Tribotests, die jährlich durchgeführt werden, ist eine signifikante Reduzier­ung der Tests vorgesehen, wodurch die Gesamtkosten für die tribologische Forschung gesenkt werden. Somit hat dieses Gerät ein hohes Potenzial, bestehende Testverfahren zu optimieren und die Entscheidungsprozesse in der Industrie effizient zu unterstützen.

Ein Schutzrecht der tribo-akustischen Stifttechnologie wird derzeit angemeldet. Das Projektteam, wurde mit zwei Forschungs- und Technologiepreisen ausge­zeichnet (tecnet/accent Innovation Award 2021/2022; GfT Förderpreis 2021).

Projektkoordination (Story)

Dr. Markus Varga
Forschungsbereichsleitung „Strategische Forschung“
AC2T research GmbH